Das einsam auf einem vom Meer umspülten Stein sitzende Mädchen ist viel mehr als nur ein bronzenes Denkmal. Die Kleine Meerjungfrau ist nicht nur eines der Wahrzeichen von Kopenhagen, sie dürfte die bekannteste Dänin weltweit sein.

Die kleine Meerjungfrau von Gunga
© Gunga

Es ist wohl eines der bekanntesten und auch traurigsten Märchen von Hans Christian Andersen, dem im Hafen von Kopenhagen ein zeitloses Denkmal gesetzt wurde: Die Kleine Meerjungfrau, die aus Liebe ihrem feuchten Element entsagt, sich unter unerträglichen Schmerzen ihres Fischleibs, zu Gunsten menschlicher Beine, entledigt und die am Ende dennoch kläglich scheitert und sich umsonst für ihren Prinzen opfert. Und dennoch lebt die jüngste und schönste Tochter des Meereskönigs nicht nur in den Märchenbüchern, sondern auch in Bronze gegossen in ihrem natürlichen Lebensraum, dem Meer, weiter.

Angeregt von dem gleichnamigen Ballett, mit dem die berührende Geschichte der kleinen Nixe, die den schiffbrüchigen Prinzen vor dem Ertrinken rettet und sich dabei in ihn verliebt, so gelungen auf die Bühne brachte, stiftete der millionenschwere Bierbrauer Carl Jacobsen die Bronzestatue. Für das Gesicht stand die damalige Primaballerina Modell, für den restlichen Körper musste der Bildhauer Edvard Eriksen jedoch seine Frau als „Vorlage“ heranziehen, da die Tänzerin dieses Ansinnen entrüstet zurückwies.

Die Kleine Meerjungfrau hat viele Krisen und Stürme überstanden, die im Laufe der Zeit über Dänemark hinweg gezogen sind. Erst in den letzten Jahren war die traurige Nixe immer wieder das Ziel von sinnlosem Vandalismus; zuletzt wurde ihr am 9. Januar 1998 – und dann schon zum dritten Mal – der Kopf abgesägt. Wieder einmal fühlte sich die Brauerei Carlsberg berufen und gab 2006 eine neue Version der Meeresprinzessin in Auftrag, die nicht weit entfernt vom Original im Hafenbereich aufgestellt wurde. Auch diese Nixe macht keinen fröhlichen Eindruck, was angesichts der Handlung des Märchens durchaus angemessen ist. Denn ein Happyend gibt es nur in der Disney-Version dieser Geschichte, die vom ursprünglichen Märchen Lichtjahre weit entfernt ist.

Die Meinungen über die Kleine Meerjungfrau sind geteilt. Begeisterte Andersen-Fans schwärmen von der zarten Mädchengestalt, die so sehnsuchtsvoll in die Ferne blickt und nach ihrem verlorenen Prinzen Ausschau zu halten scheint. Andere wiederum zeigen sich enttäuscht über die schlichte Figur, die so gar nichts Märchenhaftes an sich hat. Vielleicht kann die Kleine Meerjungfrau als Sinnbild oder Symbol für Märchen schlechthin betrachtet werden. Denn nur wer sich in diese Geschichten hineinversetzen kann und mit den Figuren hofft und leidet, vermag auch einer leblosen Skulptur aus Bronze mit seiner Phantasie Leben einzuhauchen und sieht somit sehr viel mehr in der einsamen Nixe als dies "nüchternen" Naturen womöglich vergönnt ist.

Mehr Informationen und das Originalbild der kleinen Meerjungfrau gibt es hier: www.wikipedia.org